Der 1945 geborene Cyril Avery wächst als Adoptivsohn in Dublin auf – Katholizismus und irische Doppelmoral nötigen ihn zunächst zu einem heimlichen Leben. Cyril ist schwul, das heißt für ihn in Irland nur flüchtiger Sex auf öffentlichen Toiletten mit einer nach außen wohlanständigen Fassade. Seit früher Jugend hechelt er ebenso verliebt wie erfolglos seinem besten Freund Julian hinterher und ist schließlich sogar bereit, dessen Schwester zu heiraten. Unmittelbar nach dem Jawort ergreift Cyril die Flucht, die ihn zunächst nach Amsterdam führt, wo er seinen Freund fürs Leben kennenlernt und mit ihm nach New York geht. Erst viele Jahre später kehrt er nach Dublin zurück – und findet ein völlig verändertes, modernes EU-Land vor. – Die überaus fesselnd und passagenweise unglaublich witzig geschriebene schwule Lebensgeschichte (mitunter erinnert der Stil an den schwulen Kultroman »Darling, ich bin deine Tante Mame«) vereinnahmt beim Lesen, denn auf Cyrils Lebenserfahrung bilden sich die letzten 60 Jahre schwuler Geschichte ab. Dabei ist Cyril kein strahlender Held aber auch kein Verlierer – umso lebensechter wirken auf der einen Seite seine Erfahrungen mit Menschen, die ihn als Schwulen verachten, die ihm mit geheuchelter Zuneigung begegnen oder die ihm aufrecht zur Seite stehen; umso nachvollziehbarer sind auf der anderen Seite seine Halbherzigkeiten und Ängste. Als berührenden Nebenstrang gibt es immer wieder Cyrils Begegnungen mit seiner leiblichen Mutter, die er als solche erst im hohen Alter erkennen wird. Ein rundherum großartiges Buch mit vielen, wohl ewigen schwulen Wahrheiten.